Schüler-Reise in die Welt der Demenz

Demenzparcours am Günter Wöhe Gymnasium (Fachbereich: Gesundheit & Soziales)

Wie fühlt es sich an, dement zu sein? Diese Frage stellen sich Jugendliche eher selten, denn die Problematik scheint (noch) weit entfernt zu sein.

Wenn man jedoch am Günter Wöhe Gymnasium das Fach Pädagogik/Psychologie gewählt hat, sieht die Sache ein wenig anders aus. Hier steht nämlich das Thema „Gedächtnis“ auf dem Lehrplan. Erst lernten die Schülerinnen und Schüler der Einführungsphase einiges über das Gedächtnis und auch über verschiedene Theorien des Vergessens. Und dann erlebten sie in einem Mitmach-Parcours, wie schwierig Alltagsaufgaben werden, wenn man an Demenz erkrankt ist.

Mazella Hirsch, Leiterin des Demenz-Dienstes der Malteser, führte die interessierten Jugendlichen in die 13 verschiedenen Stationen ein. Die Schüler schlüpften in die Rolle der dementen Erna und sollten deren Tagesablauf vom Anziehen am Morgen bis zum Abendessen nachempfinden. Nach jeder Station tauschten sie sich aus, wie sich der Kontrollverlust angefühlt hat.

So begann der Parcours mit der Aufgabe, einen Kittel mit groben Arbeits-Handschuhen anzuziehen und zuzuknöpfen. Doch damit nicht genug, gleichzeitig sollte man auch noch zählen, um die Verwirrung nachempfinden zu können. Viele Schüler riefen hier bereits verzweifelt: „Oh Mann, warum nutzt die keine Klamotten mit Reißverschluss?“. Sie sahen jedoch schnell ein, dass auch ein Reißverschluss mit Arbeitshandschuhen kaum zu bedienen ist.

Es folgten Aufgaben wie die, einen Einkaufszettel auswendig zu lernen und ihn dann wieder aufzuschreiben. Allerdings konnte man nur in einem Kasten schreiben, bei dem man die eigene Hand und den Stift im Spiegel sah. Plötzlich geriet es zu einer riesigen Herausforderung, das Wort Blumenkohl zu schreiben; das konzentrierte Schreiben dauerte so lange, dass schließlich der Rest der Liste in Vergessenheit geriet.

Auch Mahlzeiten wurden in den Spiegelkästen simuliert. So erfuhren die Schüler, wie anstrengend es sein kann, Essen auf den Teller zu legen, wenn man seine eigenen Bewegungen nur durch einen Spiegelblick koordinieren kann. Die 17jährigen Felix und Joshua kommentierten: „Es ist so unglaublich frustrierend, dass man bei so einfachen Aufgaben trotzdem nur Misserfolge hat. Das macht so wütend, kaum zu glauben!“. An allen Stationen wurde gestöhnt und geflucht, weil alltägliche Tätigkeiten kaum bewältigt werden konnten.

In der Nachbesprechung zeigten sich alle Schüler sehr erschöpft. „Es ist auch wahnsinnig nervend, wenn man daneben steht und wartet, dass der andere endlich mit der Aufgabe fertig wird. Da verliert man echt schnell die Geduld. So muss es sich für die Angehörigen von Dementen anfühlen“, so die 16jährige Maya.

Das gemeinsame Fazit der Jugendlichen lautete: Die Symptome der Demenz führen einen an die eigenen Grenzen und rufen schnell Frustrationen und Wut hervor. Aber alle waren sich einig, dass es eine großartige Erfahrung war, diese Symptome nicht nur theoretisch zu erarbeiten, sondern sie am eigenen Leib zu spüren. Die frühe Sensibilisierung scheint gelungen.

 

Text & Bilder: Dr. Susanne Poro